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11/21/2024 | Universitätsklinikum Tübingen | News

Neues Zentrum bündelt Expertise zu Zelltherapien

Mehr Patientinnen und Patienten sollen von modernen Stammzelltransplantationen sowie CAR-T-Zelltherapien und Ex-vivo-Gentherapien profitieren.
Moderne Stammzelltransplantationen sowie neuartige Gen- und Zelltherapien sind ein großer medizinischer Fortschritt und können dort helfen, wo Medizinerinnen und Mediziner mit herkömmlichen Methoden an Grenzen stoßen. Um Kompetenzen zu bündeln und mehr Patientinnen und Patienten die vielversprechenden Therapien anbieten zu können, wurde am Tübinger Universitätsklinikum ein Zentrum für hämatologische Stammzelltransplantation und Zelltherapie für Kinder und Erwachsene gegründet.

Maßgeschneiderte Stammzelltransplantationen, CAR-T-Zelltherapien, virus-spezifische Zelltherapien oder Ex-vivo-Gentherapien haben das Potenzial, schwere und oft tödliche Erkrankungen wie Blutkrebs, Tumore, Autoimmunerkrankungen oder angeborene genetische Defekte dauerhaft zu heilen. Am Universitätsklinikum Tübingen werden jährlich mehrere Hundert Patientinnen und Patienten mit diesen Therapien erfolgreich behandelt. Tübingen gehört damit zu den größten und etabliertesten Einrichtungen für Zelltherapie in Deutschland. Die Entwicklung der Therapien ist allerdings anspruchsvoll und wird aufgrund der technischen und therapeutischen Möglichkeiten immer komplexer. Mit der Gründung des Zentrums für hämatologische Stammzelltransplantation und Zelltherapie für Kinder und Erwachsene setzt das Tübinger Universitätsklinikum einen wichtigen Meilenstein. Die medizinische Expertise wird gebündelt, um Therapien weiterzuentwickeln und sie mehr Betroffenen anbieten zu können. Die Kostenübernahme der neuen Therapien obliegt einer Einzelfallprüfung, das Uniklinikum steht dazu im ständigen Dialog mit den Krankenkassen.

Das Zentrum wird von den zwei Kernabteilungen geführt, die Stammzelltransplantationen und Zelltherapien bei Erwachsenen und Kindern anwenden: der Abteilung für Innere Medizin II (Hämatologie, Onkologie, klinische Immunologie und Rheumatologie) an der Medizinischen Klinik und der Abteilung Kinderheilkunde I (Hämatologie, Onkologie, Gastroenterologie, Nephrologie, Rheumatologie) der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin.

Tübingen ist eines der größten Stammzelltransplantationszentren

„Unseren Patientinnen und Patienten wollen wir zuverlässig die fortschrittlichsten Therapien im Bereich der Stammzelltransplantation und CAR-T-Zelltherapie anbieten, ebenso andere neue Zell- und Gentherapien“, sagt Prof. Dr. Claudia Lengerke, Leiterin des Zentrums und Ärztliche Direktorin der Abteilung Innere Medizin II der Medizinischen Universitätsklinik. Stellvertretender Leiter des Zentrums ist Prof. Dr. Johannes Schulte, Ärztlicher Direktor der Abteilung Kinderheilkunde I der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin. Die jeweiligen stellvertretenden Ärztlichen Direktoren Prof. Wolfgang Bethge und Prof. Peter Lang sind für die Therapieprogramme in den jeweiligen Kliniken verantwortlich.

Seit mehr als 40 Jahren führt das Universitätsklinikum Tübingen erfolgreich Transplantationen mit patienteneigenen (autologen) oder fremden (allogenen) Blutstammzellen durch. Mit mehr als 100 autologen und 120 allogenen Stammzelltransplantationen pro Jahr bei Kindern und Erwachsenen ist das Tübinger Universitätsklinikum eines der größten Stammzelltransplantationszentren Deutschlands. Insbesondere die allogene Stammzelltransplantation ist allerdings ein anspruchsvolles und teils risikoreiches Verfahren. Die Abhängigkeit von einem passenden Spender oder einer passenden Spenderin kann eine zeitnahe Behandlung erschweren. Um dieses Problem zu lösen, hat das Universitätsklinikum maßgeschneiderte Transplantate entwickelt, die es ermöglichen, Kinder mit Stammzellspenden eines Elternteils zu transplantieren – oder auch Eltern mit Stammzellen erwachsener Kinder. Hierfür werden Stammzellen ausgewählt, die besonders gut für die Stammzellspende geeignet sind.

Leichterer Austausch auf internationaler Ebene

Neuartige Zelltherapien sind eine Ergänzung zu klassischen Stammzelltransplantationen und eröffnen völlig neue Behandlungsmöglichkeiten. „Erkrankungen können zeitnah, schonender und unabhängig von Stammzellspenderinnen und -spendern therapiert werden“, sagt Schulte. In einem gemeinsamen Stammzelllabor der Inneren Medizin II und der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin I werden unter Reinraumbedingungen manipulierte Stammzelltransplantate und andere Zelltherapien wie virusspezifische T-Zellen und CAR-T-Zellen patientenindividuell hergestellt. Nur wenige Kliniken in Europa verfügen über eine Herstellungserlaubnis für eigene Zellprodukte, sodass Tübingen eine Spitzenstellung im nationalen und internationalen Umfeld einnimmt. 

Eine Herausforderung ist es, die neuen Therapien möglichst sicher und erfolgreich bei Patientinnen und Patienten anzuwenden. Durch die Zentrumsstruktur wird sichergestellt, dass Patientinnen und Patienten mit breiter therapeutischer Erfahrung und unter modernsten internationalen Standards behandelt werden. In gemeinsamen Fallkonferenzen tauschen sich Expertinnen und Experten der verschiedenen Fachdisziplinen aus. „Verlässliche Strukturen eines Zentrums helfen dabei, die klinische Versorgung, aber auch die klinische Forschung kontinuierlich weiterzuentwickeln“, erklärt Lengerke. „Zudem ist es leichter, sich mit anderen Zentren und Abteilungen auszutauschen, die ein ähnliches Leistungsspektrum anbieten. Sowohl auf nationaler Ebene als auch international“, fügt Schulte hinzu.

Überblick: Gen- und Zelltherapien am Universitätsklinikum Tübingen

  • Maßgeschneiderte Stammzelltransplantationen: Durch eine spezielle Aufreinigung im eigenen Labor können Transplantate von Spenderinnen und Spendern individuell angepasst und immunologische Nachteile ausgeglichen werden. Stammzelltransplantate kommen so für mehr erkrankte Personen infrage.  
  • CAR-T-Zelltherapien: Bei der CAR-T-Zelltherapie werden T-Zellen als körpereigene Immunwaffe durch genetische Veränderung darauf programmiert, erkrankte Zellen (zum Beispiel Krebszellen oder Immunzellen, die eine Autoimmunerkrankung auslösen) zu erkennen und zu zerstören. CAR-T-Zellen sind derzeit weltweit ausschließlich für die Behandlung von Blutkrebs zugelassen. Tübingen führt derzeit mehr als 40 CAR-T-Zelltherapien pro Jahr bei Kindern und Erwachsenen durch und ist einer der wenigen deutschen Zentren, das alle zugelassenen CAR-T-Zellen anbieten kann. Die Kinderheilkunde I und die Innere Medizin II am Uniklinikum stellen die Zellen selbst her. Damit konnten bisher mehr als 30 Patientinnen und Patienten mit therapieresistenten lebensbedrohlichen Leukämie- oder Lymphom-Erkrankungen oder auch Autoimmunerkrankungen (Systemischer Sklerose, Myositis, Rheumatoider Arthritis, Vaskulitis und Multipler Sklerose) erfolgreich behandelt werden.
  • Virus-spezifische T-Zellen: Körpereigene Immunzellen eines Spenders oder einer Spenderin werden im eigenen Labor aufgereinigt, um Viren besser abzutöten zu können. Danach werden sie an Patientinnen und Patienten zurückgeführt, um lebensgefährliche Virusinfekte zu beseitigen.
  • Ex-vivo-Gentherapien: Bei der Ex-vivo Gentherapie werden erkrankten Personen Stammzellen entnommen. Diese werden im Labor genetisch korrigiert und im Anschluss an eine Chemotherapie zurücktransplantiert. Schwere angeborene Erkrankungen wie metachromatische Leukodystrophie, Beta-Thalassämie und Sichelzellanämie können so dauerhaft geheilt werden. 

Die Abteilungen Innere Medizin II und Kinderheilkunde I bieten am neuen Zentrum verschiedene klinische Studien zu Zelltherapien an, unter anderem mit maßgeschneiderten Stammzelltransplantaten und Kombinationen von Zelltherapien mit anderen Therapieprinzipien wie Antikörpern. In Vorbereitung ist unter anderem eine Studie für die Behandlung schwerer kongenitaler Neutropenien (erbliche Verminderung einer bestimmten Untergruppe der weißen Blutkörperchen im Blut) mit einer in Tübingen entwickelten Gentherapie.

Dem Zentrum zuarbeiten werden folgende Einrichtungen des Universitätsklinikums: 

  • Department Diagnostische Labormedizin
  • Department für Radiologie
  • Department Neurologie
  • Abteilung für Kinderheilkunde III (Neuropädiatrie)
  • Innere Medizin I (Gastroenterologie mit Endoskopie des Gastrointestinaltrakts)
  • Innere Medizin IV (Nephrologie mit Dialyse)
  • Innere Medizin VIII (Pneumologie mit Bronchoskopie)
  • Universitäts-Hautklinik
  • Universitätsklinik für Radioonkologie
  • Department für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Pharmakogenomik

Weitere Informationen

Expertinnen und Experten: 
Prof. Dr. Claudia Lengerke, Ärztliche Direktorin
Prof. Dr. Wolfgang Bethge, Stv. Ärztlicher Direktor
Medizinische Klinik
Abteilung Innere Medizin II ‒ Hämatologie, Onkologie, klinische Immunologie und Rheumatologie

Prof. Dr. Johannes Schulte, Ärztlicher Direktor
Prof. Dr. Peter Lang, Stv. Ärztlicher Direktor
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
Kinderheilkunde I ‒ Hämatologie, Onkologie, Gastroenterologie, Nephrologie, Rheumatologie

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Source:
https://www.medizin.uni-tuebingen.de/de/das-klinikum/pressemeldungen/682