Feierliche Rektor-Amtsübergabe: Peter Middendorf folgt Wolfram Ressel
Vor mehr als 700 Gästen aus Hochschule, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft überreichte Prof. Wolfram Ressel seinem Nachfolger Prof. Peter Middendorf feierlich die Amtskette des Rektors. In der Zeit der Transformation stehe die Universität wie die ganze Gesellschaft vor vielen Herausforderungen, sei aber zugleich Teil der Lösung, sagte der neue Rektor Middendorf in seinem Festvortrag.
Zum Auftakt der Veranstaltung auf dem Campus Stadtmitte gedachten alle Anwesenden in einer Schweigeminute dem überraschend verstorbenen Rektor der Universität Hohenheim, Prof. Stephan Dabbert. Petra Olschowski, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg, würdigte seine Persönlichkeit und Leistungen in einer kurzen Ansprache.
Durch den Abend führte Prof. Bernhard Keimer, langjähriger Vorsitzender des Universitätsrates. In seiner Begrüßung der Gäste, die in zwei Hörsälen sowie über einen Online-Livestream teilnahmen, hob er die Leistungen und Erfolge Wolfram Ressels hervor und nannte Peter Middendorf einen „herausragenden Forscher, Manager und Brückenbauer“.
Gemeinsame Erfolge in Forschung und Transfer
Petra Olschowski dankte Wolfram Ressel in ihrem Grußwort dafür, dass sich die Universität Stuttgart unter seiner Leitung „zu einem zentralen Punkt auf der akademischen Landkarte“ weiterentwickelt habe. Als starkes Zeichen hob sie hervor, dass Ressel und der ehemalige Prorektor für Wissens- und Technologietransfer Middendorf in den letzten Jahren gemeinsam zum Gelingen vieler Projekte beigetragen haben – etwa des Forschungscampus ARENA2036 in Vaihingen, auf dem rund 30 Partner aus Industrie und Wissenschaft zusammenarbeiten, oder des InnovationsCampus Mobilität der Zukunft (ICM) mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Die Ministerin sprach auch die Krisen der letzten Jahre an und lobte beispielhaft das Engagement, mit dem die Universität ihre ukrainische Partnerhochschule Donezk dabei unterstützt, den Lehrbetrieb aufrechtzuerhalten.
Der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Stuttgart, Dr. Frank Nopper, ging in seiner humorvollen Rede auf Unterschiede zwischen Bayern und Württemberg ein – schließlich wechselten sowohl der scheidende als auch der neue Rektor von Münchner Universitäten nach Stuttgart. Angelockt habe sie „unser zivilisatorischer Vorsprung“, mutmaßte Nopper. Ressel habe in seiner Amtszeit zum einen für Beständigkeit und Kontinuität, zum anderen für viele neue Impulse gesorgt. Künftig wolle die Stadt die enge Verzahnung von Universität und Wirtschaft noch stärker fördern: So könnte beispielsweise die innovative Fassadentechnologie „HydroSKIN“, die im Sonderforschungsbereich „Adaptive Hüllen und Strukturen für die gebaute Umwelt von morgen“ entwickelt wurde, im städtischen Reallabor erprobt werden.
Laudatio für „ein Urgestein aus der Riege der Rektoren“
Internationale Grüße von Bergamo über Michigan und Massachusetts, Stellenbosch und Shanghai bis Sydney wurden in einer Videobotschaft übermittelt. Anna Dannecker und Christopher Behrmann von der Studierendenvertretung stuvus bedankten sich mit einer spontanen Theateraufführung bei dem scheidenden Rektor. Auf dem Campus Beach sei ein „Sessel für Ressel“ als Dauerplatz reserviert, sagte Dannecker – und zeigte sich zuversichtlich, dass die gute Zusammenarbeit mit Peter Middendorf weitergehen werde.
Prof. Ulrich Rüdiger, Rektor der RWTH Aachen und ehemaliger Rektor der Universität Konstanz, würdigte Wolfram Ressel launig als „Urgestein aus der Riege der Rektoren“ und sprach den Freund und Weggefährten direkt an: „Verantwortung zu übernehmen ist dein Markenzeichen, aber eine Überhöhung der eigenen Person ist dir fremd.“ Anders als viele stelle Ressel Fragen stets aus echtem Interesse und nicht, um vorgefertigte Antworten zu präsentieren. Mit seiner fairen, wertschätzenden Persönlichkeit habe er sogar im „Haifischbecken“ der Landesrektorenkonferenz stets seine „wunderbare Balance aus Gelassenheit, Fachwissen und Kollegialität“ bewahrt.
Ressel: "Pfiats eich, servus und macht's gut"
In seiner Rede mit dem Titel „18 Jahre: Abschied und Dank“ ließ der scheidende Rektor seine drei Amtszeiten Revue passieren und sagte zu seinem Nachfolger Peter Middendorf: „Die Amtskette ist schwer, aber sie hält dich in Form!“ 2006 stand angesichts von Sparzwängen die Konsolidierung und Kontinuität einer zerstrittenen Universität im Vordergrund. 150 Institute – „Privatinseln hinter hohen Mauern“ – habe man zusammengebracht, erinnerte sich Ressel. Zudem wurden innerhalb von nur zwei Jahren die Studiengänge erfolgreich ins Bachelor-Master-System überführt. Im Fokus der zweiten Amtszeit stand der Ausbau des „Stuttgarter Wegs“ der fächerübergreifenden Zusammenarbeit. Aus starken Disziplinen kommend gelange man gemeinschaftlich zu Erkenntnissen, die Einzelnen nicht möglich seien, sagte Ressel: „Das ist unsere DNA hier geworden – und das ziemlich erfolgreich.“ Im zunehmenden Wettbewerb zwischen den Hochschulen habe die Universität Stuttgart, die bei der Einwerbung von Drittmitteln bundesweit den dritten Platz behauptet, sehr gut mitgehalten. Nun, nach der dritten Amtszeit, sei die Universität mit ihren beiden Exzellenzclustern, sechs eigenen Sonderforschungsbereichen und zahlreichen erfolgreichen Projekten sowie dem Engagement im Transferbereich gut für die Zukunft aufgestellt.
Ressel verschwieg nicht seine Enttäuschung darüber, dass der Erfolg in der Förderlinie „Exzellenzuniversitäten“ knapp verfehlt wurde, zeigte sich aber hoffnungsvoll, dass dieses Ziel künftig erreicht wird. Abschließend wünschte er Peter Middendorf viel Erfolg und bedankte sich für die vielfältige Unterstützung aus der Universität Stuttgart sowie von anderen Hochschulen, vom Wissenschaftsministerium, der Stadt, Stiftungen, seinem Freundeskreis und seiner Familie.
Festvortrag „Anforderungen und Stellenwert einer modernen Universität“
Nachdem sein Vorgänger ihm die Amtskette umgelegt hatte, ging Middendorf in seinem Festvortrag auf die Rolle einer modernen Universität in einer bewegten Zeit ein: „Wir befinden uns aktuell in einer Phase der Transformation. Diese Transformation hat viele unterschiedliche Dimensionen: Digitalisierung, demographische Entwicklung, Energiewende – um nur die wichtigsten zu nennen – und sie stellt uns vor zahlreiche Herausforderungen. Unsere Universität befindet sich mittendrin in dieser Entwicklung, steht also ebenso vor zahlreichen Herausforderungen. Gleichzeitig sind die Universitäten und Hochschulen jedoch eindeutig Teil der Lösung.“ In seiner Amtszeit werde die Forschung an der Universität weiterhin Themen von hoher gesellschaftlicher und technologischer Relevanz angehen und neues Wissen an den Schnittstellen generieren: „Wir bauen den Stuttgarter Weg der vernetzten Disziplinen weiter aus, fachlich, transferorientiert und kooperativ mit nationalen und internationalen Forschungspartnern.“
Zum Bereich Transfer hob Peter Middendorf die wachsende Bedeutung wissensbasierter Ausgründungen hervor: Die Universität werde sich als Partnerin in einem „Gründungsökosystem“ mit Akteuren aus Wirtschaft, Gesellschaft, Stadt und Region weiter etablieren. Nach den bereits erreichten großen Fortschritten beim Transfer gebe es mit Strukturen wie dem Transfercenter oder der landesweiten Initiative zur Start-up-Förderung NXTGN nun weiteres Ausbaupotenzial.
Im Fokus einer modernen Universität müssten immer die Menschen stehen, betonte Middendorf: Neben Forschenden und Mitarbeitenden besonders die Studierenden, „die Innovateure der Zukunft und die Gestalterinnen unserer Welt von morgen“. Angesichts rückläufiger Studierendenzahlen besonders in den Technikwissenschaften müsse die Universität attraktiver werden, etwa durch Verbesserung der Studienbedingungen oder Modernisierung der Curricula. Wichtig sei es zu vermitteln, „dass unser Bildungsangebot nicht nur einen Studienabschluss und Berufsqualifikationen beinhaltet, sondern auch Antworten auf die großen gesellschaftlichen Herausforderungen.“ Mit einer Zeichnung des bayerischen Künstlers Josef Oberberger, der bei der Bewerbung an der Münchner Kunstakademie um ein Haar übersehen worden wäre, illustrierte Peter Middendorf seinen Appell, trotz der vielen Aufgaben und Anforderungen nie das Wichtigste zu vergessen: junge, auch internationale Talente zu entdecken und bestmöglich zu unterstützen. „Investieren Sie in Wissenschaft und Bildung“, rief er die Anwesenden auf. „Lassen Sie uns gemeinsam dafür werben und zusammen daran arbeiten, viele junge Menschen für eine aktive und zukunftsfähige Gestaltung unserer Gesellschaft zu gewinnen.“
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