Wenn BlueLab grünes Licht gibt, darf weitergeduscht werden
„Hallenbad wegen Legionellen geschlossen“ oder „Duschverbot in Mehrfamilienhaus“: Meldungen wie diese sind regelmäßig in den Zeitungen zu finden. Legionellen sind Bakterien, die beim Menschen verschiedene Krankheiten verursachen können, unter anderem eine „Legionärskrankheit“ genannte spezielle Form der Lungenentzündung. Die Bakterien, die natürlicher Bestandteil von Gewässern sind, finden in Rohrleitungssystemen in Gebäuden ideale Bedingungen und können sich in erwärmtem Wasser rasend schnell vermehren. Übertragen werden die Krankheitserreger durch zerstäubtes Wasser, vor allem indem sie beim Duschen eingeatmet werden. Im Jahr 2017 erklärte die Weltgesundheitsorganisation WHO, Legionellen stellten von allen im Wasser vorkommenden Krankheitserregern die größte Gesundheitsgefahr für den Menschen dar. Inzwischen hat die EU angekündigt, eine Pflicht zur Legionellen-Untersuchung einzuführen.
Die deutsche Trinkwasserverordnung (TrinkwV 2001) sieht bereits eine regelmäßige Untersuchung von Trinkwasseranlagen vor. Dazu werden vor Ort Proben entnommen und an akkreditierte Labore verschickt. Dort erfolgt die Kultivierung auf Agarplatten und Auszählung der Keimzahlen, deren Ergebnis der Vermieter oder Betreiber der Anlage nach etwa 14 Tagen erhält. „Viel zu umständlich und zu langsam“, fand Dr. Michael Jauss, Geschäftsführer eines Unternehmens, das Kunststoffteile für die Automobilindustrie herstellt, und entwickelte kurzerhand eine ganz neue Analysetechnologie. Der Ingenieur und Prototyp des schwäbischen Tüftlers formulierte als Anforderung, dass das wartungsfreie System eine automatische Analyse vor Ort liefern und die Daten jederzeit an die Anlagenbetreiber melden können muss. Was sich im ersten Moment gar nicht mal so kompliziert anhörte, stellte sich jedoch als große technische Herausforderung heraus.
„Unter anderem musste der Temperatur- und Durchflusssensor für die Entnahmestelle neu angepasst werden“, erklärt Dr. Jauss. „Wir haben die Antigen-Antikörper-Reaktion mit Fluoreszenz-Auswertung für das Analyseverfahren gewählt. Dieses ist bereits etabliert. Zur Identifikation und Zählung der fluoreszenz-markierten Legionellen mussten wir jedoch ein ganz neues optisches Verfahren entwickeln, bei dem das Filtrat am Ende sozusagen fotografiert wird.“ Außerdem galt es, eine neue Rezeptur zu finden, um die Reagenzien im Testsystem haltbar zu machen. Insgesamt wurde eine einzigartige Technologie entwickelt, die eine automatisierte Vor-Ort-Untersuchung von Trinkwasseranlagen auf Legionellenbefall ermöglicht und die Anlage gleichzeitig auf Risikofaktoren für eine Kontamination überwacht. Drei Patente hat der Ingenieur dafür inzwischen angemeldet.
Das Produkt-Konzept sieht vor, das Analysegerät als festen Bestandteil des Wassersystems an den Überwachungspunkten zu installieren. Das Gerät kommuniziert über Funktechnologie mit einem Server und schafft für den Betreiber Transparenz in Echtzeit. Da es nicht nur um Wohngebäude, sondern auch um Krankenhäuser, Hotels, Sporteinrichtungen, öffentliche und gewerbliche Gebäude geht, schätzt Dr. Jauss, dass allein in Deutschland etwa zwölf Millionen Prüfstellen in Intervallen zwischen drei Monaten (Krankenhäuser) und drei Jahren (Mietobjekte) untersucht werden müssen. So ist das Projekt für den Unternehmer längst keine Freizeitbeschäftigung mehr. Nach dem „Proof of Concept“, mit dem bestätigt wurde, dass seine Idee technisch und wirtschaftlich funktioniert, gründete er 2018 in Tübingen die BlueLab Wasseranalysesysteme GmbH. Im April 2019 wurde er vom Arbeitskreis der BioRegionen in Deutschland mit dem Innovationspreis der BioRegionen ausgezeichnet. Die Jury betonte das enorme Marktpotenzial des Verfahrens, das in der Lage sei, die bisherige Legionellen-Testung auf Agarplatten durch eine schnelle und spezifische Methode zu ersetzen und hob insbesondere die digitale Verknüpfung biotechnologischer Diagnostik positiv hervor.
„Dr. Jauss und BlueLab liefern einen wichtigen Beitrag zur Gesundheitssicherung. Wir hoffen, dass dieses vielversprechende Unternehmen jetzt die richtigen Investoren findet, damit das Produkt so schnell wie möglich auf den Markt kommt“, erklärt BioRegio STERN-Geschäftsführer Dr. Klaus Eichenberg.