Brücke für die Gesundheitstechnologie
ILDA-care steht für „Intelligent Logistics, Digitalisation and Automated Workflows for the Homecare and Nursing homes sector“ und ist eine Initiative zur systematischen Verbesserung der Effizienz im Pflegesektor. Die Teilnehmer aus Dänemark erhielten außergewöhnliche Einblicke in innovative Lösungen für den Pflegebereich aus Baden-Württemberg.
Eine große Herausforderung für Gesellschaften in Industrienationen ist die schnell wachsende Zahl älterer und pflegebedürftiger Menschen; laut einer Prognose des Statistischen Bundesamtes könnte die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland bis 2030 auf 3,4 Millionen Menschen ansteigen. Um ihre Betreuung in Heimen oder zu Hause zu verbessern, müssen Lösungen gefunden werden, damit sich die Pflegekräfte auf die persönliche Betreuung der Menschen konzentrieren können, anstatt ihre knappen Ressourcen mit zeitaufwändigen formalisierten Arbeitsabläufen zu verbrauchen. ILDA-care wurde vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) mit einem Gesamtbudget von knapp 210.000 Euro ausgestattet, um sich dieser Herausforderung zu stellen. Zahlreiche kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) aus der BioRegion STERN und aus Dänemark sowie mehrere Forschungsinstitute beteiligen sich an dem Förderprojekt.
Ziel des EU-Projekts ist die Bildung einer neuen Wertschöpfungskette, die intelligente Logistik, Digitalisierung und Automatisierung für den Pflegebereich verknüpft. Für ILDA-care kooperieren das dänische Cluster Welfare Tech aus Odense und die BioRegio STERN Management GmbH aus Stuttgart. Im Rahmen dieser strategischen internationalen Partnerschaft hatten hiesige Unternehmer im vergangenen Juni das Cluster in Dänemark besucht und sich über das vorbildliche dänische Gesundheitssystem informiert. Im Oktober kamen die Kollegen aus Skandinavien nach Baden-Württemberg, um in Tübingen, Reutlingen, Göppingen und Stuttgart innovative Lösungen im Pflegebereich kennenzulernen.
Erste Station war das LebensPhasenHaus (LPH) in Tübingen; hier wurden die Teilnehmer von Thorsten Flink, Geschäftsführer WIT-Geschäftsbereich Allgemeine Wirtschaftsförderung der Stadt Tübingen, begrüßt. Das LPH ist ein Verbundforschungsprojekt für Forschung, Demonstration und Wissenstransfer unter anderem der Universität und des Universitätsklinikums Tübingen, das für Jedermann geöffnet ist. Hier konnten die Unternehmer aus Dänemark nicht nur den Einsatz altersgerechter Assistenzsysteme, digitale Informations- und Kommunikationstechnologien mit einfacher Steuerungsoberflächen sowie die intelligente Vernetzung der Systeme erleben. Sie konnten auch beobachten, wie Technik und Dienstleistungen für Besucher getestet, bewertet und erlebbar gemacht werden.
In Reutlingen stand ein Besuch des Gustav-Werner-Stifts der BruderhausDiakonie auf dem Programm. Nach der Begrüßung durch Alexander Kreher, Finanz- und Wirtschaftsbürgermeister der Stadt Reutlingen, konnte die Delegation innovative Technologien für die Pflege im Seniorenzentrum besichtigen. Die BruderhausDiakonie arbeitet eng mit dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Stuttgart zusammen, das Ambient Assisted Living (AAL) und Smart Home Systeme in einigen Häusern der BruderhausDiakonie implementiert hat. Der dänischen Delegation wurde unter anderem das Warnsystem „Safe@Home“ vorgeführt, das bei Stürzen oder Unglücksfällen automatisch Helfer alarmiert. Sensoren, die im Raum angebracht sind, können erkennen, dass sich bei einem Sturz der Körperschwerpunkt eines Menschen ungewöhnlich schnell ändert und lösen über eine sogenannte Carebox einen Alarm aus.
Speziell für Senioren entwickelte Computerspiele, die in der Tagespflege eingesetzt werden, regen die Bewohner zum Kopfrechnen oder zu Geschicklichkeitsspielen an. Da das System mittels eines Sensors die Bewegungen der sitzenden Spieler erkennt, werden gleichzeitig Gedächtnis und Motorik – ganz ohne Maus und Tastatur – trainiert. Die Begeisterung, mit der die Senioren dabei waren, beeindruckte auch Lars M. Jessen. Für den Geschäftsführer eines dänischen IT-Unternehmens, das Software-Lösungen für den stationären und ambulanten Pflegesektor entwickelt, war es ein „echtes Aha-Erlebnis“, zu sehen, wie die Computerspiele in den Pflegealltag eingebunden sind. „Hier arbeiten Unternehmen, Institutionen und Kommunen erfolgreich als Partner zusammen, um Innovationen zu entwickeln und zu implementieren.“
Aufschlussreich war für die Gäste auch der Besuch des Campus Göppingen an der Hochschule Esslingen. Alexander Fromm von der Wirtschaftsförderung Landkreis Göppingen begrüßte die Teilnehmer der Delegation im Pflegelabor Care Lab (CarLa), das im Rahmen des Schwerpunkts Angewandte Medizintechnik eingerichtet wurde. Hier können in realistischer Umgebung technische Lösungen für die Pflege älterer Menschen entwickelt und getestet werden.
Auf dem Programm standen außerdem Besuche im Transferzentrum Mikroelektronik TZM GmbH in Göppingen und beim Fraunhofer-IPA sowie die Präsentationen mehrerer Unternehmen aus der BioRegion STERN, die sich mit technischen Innovationen im Pflegebereich beschäftigen.
Aus diesen praktischen Beispielen und den spannenden Diskussionen, entwickelten die Unternehmer und Forscher im anschließenden Workshop mehrere konkrete Ideen rund um das Thema häusliche Pflege. BioRegio STERN-Projektleiterin Dr. Margot Jehle: „Die beiden Delegationsreisen im Rahmen von ILDA-care haben alle Teilnehmer begeistert, für neue Kontakte gesorgt und konkrete Kooperationen angestoßen. Wir können bereits jetzt von einer neuen Brücke für die Gesundheitstechnologie zwischen Deutschland und Dänemark sprechen.“