Zurückhaltung auf Seiten der Unternehmen, aber höchster Bürgschaftsbestand
Die geopolitischen Spannungen verschärften sich 2023, allen voran durch die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten. Auch belasteten Inflation und ein starker Zinsanstieg die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland und dämpften die Investitionsneigung der Unternehmen zusätzlich. Dies wirkte sich auch auf den Geschäftsverlauf der Bürgschaftsbank und MBG Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Baden-Württemberg aus.
Stuttgart, 11.04.2023. Insgesamt hat die Wirtschaft im letzten Jahr ihre Erholung nach der Pandemie nicht weiter fortgesetzt und ist wieder leicht geschrumpft. In Baden-Württemberg, wo die Wirtschaft besonders stark von der Weltwirtschaft abhängt, lag der BIP-Rückgang bei -0,4 Prozent. Die Nachfrage nach Firmenkrediten für Gründungen, Nachfolgen und Investitionen nahm daher stark ab.
Trotz dieses schwierigen Umfelds hat sich die Bürgschaftsbank Baden-Württemberg stabil entwickelt. Das neu genehmigte Bürgschafts- und Garantievolumen belief sich auf 363,3 Mio. EUR (Vj. 410,5 Mio. EUR) und lag trotz des Rückgangs um 11,5 Prozent deutlich über dem Vorkrisen-Niveau. Das für die Unternehmen genehmigte Kredit- und Beteiligungsvolumen sank ebenfalls von 666,3 Mio. EUR auf 588,3 Mio. EUR (-11,7 Prozent). Die Anzahl lag mit 1.872 um 3,6 Prozent jedoch nur leicht unter dem Vorjahreswert (Vj. 1.941). Der Gesamtbestand an Bürgschaften und Garantien erhöhte sich um 1,3 Prozent auf einen Rekordwert von 1,95 Mrd. EUR. Dies unterstreicht die Bedeutung der Förderinstrumente in Zeiten der Transformation.
„Ein wichtiger Hebel, um Finanzierungen in diesem schwierigen Umfeld zu ermöglichen, ist die Erhöhung der Obergrenze bei Bürgschaften auf bis zu 2 Mio. EUR und bei Beteiligungskapital auf bis zu 1,5 Mio. EUR. Dadurch wurden die Fördermöglichkeiten über die Bürgschaftsbanken und die Mittelständischen Beteiligungsgesellschaften Anfang 2023 deutlich gestärkt, um kleine und mittlere Betriebe bei notwendigen Zukunftsaufgaben zu unterstützen und der wachsenden Zurückhaltung bei der Kreditvergabe entgegenzuwirken", betont Bürgschaftsbank-Vorstand und MBG-Geschäftsführer Guy Selbherr.
„Die Unterstützungsinstrumente der Bürgschaftsbank und der MBG für kleine und mittlere Unternehmen bei der Gewinnung von Fremdkapital oder auch die Verbesserung der Eigenkapitalausstattung via Beteiligungen sind unverzichtbar für die Erhaltung der Innovationskraft der kleinen und mittleren Unternehmen hier im Land. Das stimmt zuversichtlich im Hinblick auf die Herausforderungen der Zukunft“, sagte Dr. Patrick Rapp, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus.
Nachfolgen stabil, Gründungen rückläufig
Mit 64 Prozent machten Gründungen und Nachfolgen einen gewichtigen Anteil am Gesamtgeschäft aus. Hier ergab sich allerdings eine unterschiedliche Entwicklung: 2023 wurden mit 663 Neugründungen und einem Bürgschafts- und Garantievolumen von 68,6 Mio. EUR weniger genehmigt (Vj. 766; 86,3 Mio. EUR). Bei den Nachfolgen war die Entwicklung mit 667 Genehmigungen mit einem Bürgschafts- und Garantievolumen von 163,0 Mio. EUR (Vj. 682; 167,2 Mio. EUR) hingegen stabil.
Das wichtigste Programm für die Zielgruppe der Gründerinnen und Gründer ist die Startfinanzierung80, die die Bürgschaftsbank gemeinsam mit der L-Bank anbietet. Im Zuge der anziehenden Inflation und vor dem Hintergrund der generellen Zunahme durchschnittlicher Finanzierungsvolumina in den vergangenen Jahren wurde im März 2023 die L-Bank-Darlehensobergrenze auf 150 TEU und die Vorhabensobergrenze auf 250 TEUR angehoben (bei Teamgründungen bis zu 600 bzw. 1.000 TEUR). Dementsprechend stieg auch die maximale Bürgschaftshöhe pro Gründerin und Gründer an.
Mit diesem Programm hat das Förderinstitut 2023 genau 916 Mutige, die sich trotz der wirtschaftlichen Herausforderungen den Traum von der Selbstständigkeit erfüllt haben, mit einem Kreditvolumen von rund 80 Mio. EUR (+7,4 Prozent) unterstützt.
Maßgeschneiderte Unterstützung für etablierte Unternehmen
Der seit einigen Jahren erforderliche Strukturwandel aufgrund der doppelten Transformation Digitalisierung und Nachhaltigkeit sowie die aktuellen Herausforderungen fordern die Unternehmen im Land immer mehr. Damit sie diese und die Transformationsprozesse bewältigen können, sind Investitionen notwendig. Dafür bietet die Bürgschaftsbank Baden-Württemberg den Betrieben „in the Länd“ gemeinsam mit der L-Bank verschiedene Kooperationsprogramme wie beispielsweise die Innovationsfinanzierung, den Liquiditätskredit oder erstmals auch Finanzierungen mit Nachhaltigkeitsbonus.
Rückläufige Zusagen bei der MBG
Wie erwartet hat sich das Neugeschäft der MBG angesichts des Umfelds rückläufig entwickelt. Die Anzahl der begleiteten Vorhaben hat sich von 109 im Vorjahr auf 98 (jeweils inklusive Mikromezzanin) leicht reduziert. Das Volumen ging im gleichen Ausmaß infolge des höheren Anteils kleiner Finanzierungen deutlich stärker zurück, von 46.835 TEUR im Vorjahr auf 24.447 TEUR.
Die Entwicklung in den Programmen verlief stark unterschiedlich. Die neu genehmigten Beteiligungen in den Programmen Existenzgründung und -festigung sowie Unternehmensnachfolge haben sich mit 3.665 TEUR (Vj. 13.437 TEUR) sowie mit 1.035 TEUR (Vj. 6.250 TEUR) gegenüber dem Vorjahr sowohl bei den Volumina als auch bei der Anzahl deutlich reduziert. Die Anzahl sank in den beiden Programmen Existenzgründung und -festigung sowie Unternehmensnachfolge von 32 Genehmigungen im Vorjahr auf elf im Berichtsjahr sowie von 15 Genehmigungen auf vier im Berichtsjahr ab. Gegenläufig entwickelte sich allerdings das Programm Mikromezzanin, auf das 48 Zusagen (i.V. 13) im Volumen von 2.730 TEUR (i.V. 565 TEUR) entfielen.
Risikokapital für innovative Produkte und Geschäftsmodelle
Der Venture Capital Bereich entwickelte sich erfreulich. So wurden mehr Genehmigungen mit einem höheren Volumen erteilt als im Vorjahr. Insgesamt waren es 15 Vorhaben mit einem Volumen von 5.037 TEUR, im Vergleich zu 13 Genehmigungen mit einem Volumen von 2.268 TEUR im Vorjahr.
Der Start-up BW Innovation Fonds richtet sich wie sein Vorgänger, der VC Fonds BW, vor allem an baden-württembergische Start-ups aus den Branchen Informations- und Kommunikationstechnologie, digitale Transformation, industrielle Innovation sowie Gesundheitswesen/Medizintechnik. Das Investment ist kein Fördergeld, sondern orientiert sich an den Marktchancen der Unternehmen und ist rein erfolgsorientiert. Die MBG Baden-Württemberg hat den Start-up BW Innovation Fonds gemeinsam mit weiteren institutionellen Investoren – insbesondere Banken, Versicherungen und Stiftungen – gegründet. Als Fondsmanager wird sie in den kommenden Jahren knapp 45 Mio. EUR in technologie-orientierte Start-ups aus Baden-Württemberg investieren. Insgesamt wurden bereits fünf Investments mit dem Fonds getätigt.
Neu ist zudem der Start-up BW Seed Fonds. Mit dem neuen Fonds soll ergänzend zu den bestehenden Venture Capital-Angeboten im Land die Finanzierung von frühphasigen Start-ups ermöglicht werden. Das Fondsvolumen liegt bei 12,5 Mio. EUR. Zielgruppe des Fonds, dessen Investor das Land Baden-Württemberg ist, sind Technologie-Start-ups aller Cluster-Branchen aus Baden-Württemberg in frühen Unternehmensphasen, die bislang nur einen eingeschränkten Zugang zu Venture Capital haben. Ein erster Prototyp oder die frühe Phase eines Proof of Concept sind Voraussetzung für dieses Programm.
„Die Zahlen der MBG liegen zwar unter dem Vorjahr. Angesichts der wirtschaftlich angespannten und unsicheren Lage und einem allgemeinen Investitionsrückgang am Markt zeigt sich unsere Beteiligungsfinanzierung dennoch robust. So konnten wir auch im vergangenen Jahr viele Unternehmen bei der Bewältigung der aktuellen Herausforderungen unterstützen“, sagt Bürgschaftsbank-Vorstand und MBG-Geschäftsführer Dirk Buddensiek.
Ausblick
2024 gibt es bei Bürgschaftsbank und MBG verschiedene Neuerungen, aus denen sich neue Impulse ergeben können. Ein Beispiel: Die InvestEU-Programme des EIF. Durch die Vereinbarung der Bürgschaftsbank mit dem EIF werden beihilfefreie Bürgschaften bis zu 2 Mio. EUR möglich, um Unternehmensprojekte in den Themenfeldern Innovation und Digitalisierung, Nachhaltigkeit sowie Kultur- und Kreativwirtschaft zu fördern.
Außerdem kann durch die Anbindung an die Omnikanal-Plattform der Geno-Banken sowie an das Pendant der Sparkassenorganisation mit einer weiteren Belebung des Geschäfts gerechnet werden. Die entwickelte Schnittstelle ermöglicht auch die zeitnahe Anbindung weiterer Bankengruppen.
Bei der MBG rechnet man mit Chancen durch das Programm InnoGrowth BW. Damit sollen insbesondere junge innovative, aber auch kleine und mittlere Unternehmen, die bisher keinen Zugang zu kapitalmarktorientierten Fondsfinanzierungen haben, eigenkapitalähnliche Finanzierungen erhalten. Dabei werden skalierbare und wachstumsorientierte Geschäftsmodelle mit besonderem Fokus auf Innovationen adressiert.
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